Dienstag, 25. 10. 2011 - Auf See


 

 

0700 Wecken, 0730 Frühstück, heute gibt es für jeden drei Scheiben Salami. Anschliessend gehen wir an Deck, das Wetter ist gut, allerdings hat es ein paar Wolken. An Steuerbord sehen wir die Kreidefelsen von England.

 

 

Heute sind Decksarbeiten angesagt, die ganze Mannschaft werkelt – es wird Rost geklopft, gepinselt, Messing poliert, mit der Flex gefräst und ähnliches. Auch wir sind heute dran, einige wollen sich an den Decksarbeiten beteiligen und bald sieht man sie mit den Kadetten arbeiten.

 

Zwei Trainees beim Rostklopfen

 

Man kann auch ans Ruder wenn man möchte, muss nur denn Wachhabenden auf der Brücke fragen, was ich dann auch tue und werde hinten links eingeteilt.

 

Die SEDOV ist eine der wenigen Traditionssegler der noch direkt gesteuert wird, KRUZENSTERN z. B. wird heute mir Joystick gefahren. An dem Doppelsteuer stehen vier Kadetten, bei Sturm auch mehr. Davor steht ein Kompass, der Rudergänger vorne linke ist verantwortlich den Kurs – der von der Brücke runtergerufen wird – einzuhalten. Mit dabei ein Bootsmann als Aufsicht. Vom Steuer gehen rechts und links zwei Kabelkanäle mit Stahlseile direkt aufs Ruder am Heck. Unter Deck am Heck befindet sich ein Notsteuerstand im Falle eines Ausfalls des vorderen Steuers oder im Falle dass ein Sturm so stark ist dass man das Steuer auf Deck nicht besetzen kann.

 

Stahltrosse, die vom Steuer zum Ruder am Heck führt

 

Notsteuerstand am Heck unter Deck, im Falle eines Ausfalls des Hauptsteuers

oder bei Sturm, wenn die Rudergänger sich nicht mehr an Deck aufhalten können

 

 

Die Rudergänger – die wie alle Wachen vier Stunden am Steuer stehen - wechseln alle Stunde im Gegenuhrzeigersinn ihrer Position. Sie sind auch für das Glasen an der schönen Glocke am Steuer zuständig.

 

Jede Wache dauert vier Stunden, immer von 00:00 / 12:00 – 04:00 / 16:00 // 04:00 / 16:00 – 08:00 / 20:00 - 12:00 / 00:00. Die Stunden werden geglast, dieser Ausdruck kommt aus der Zeit als es noch keine Uhren gab, man zählte die Zeit der Wache mit einer gläsernen Sanduhr. Die Stunden werden immer mit Doppelschlag, die halbe Stunde mit einem Schlag angekündigt. Eine halbe Stunde nach Beginn der Wache gibt es einen Schlag, eine Stunde nach Beginn einen Doppelschlag, nach 1 1/2 Stunden drei Schläge, nach zwei Stunden zwei Doppelschläge usw. Man gewöhnt sich schnell daran und hat so auch ohne Uhr immer Übersicht über die Zeit.

 

 

Ich bleibe 1,5 Stunden. Bald gibt es schon Mittagessen, heute Gemüsesuppe mit Fleisch, Reis mit Geschnetzeltem und Kraut-Tomatensalat und Trockenpflaumensaft. Nach dem Essen leiste ich mir ein Mittagsschläfchen, bin gegen 13 Uhr wieder an Deck, bald steigen die Trainees in die Wanten, ich lasse das lieber, ich bin auch nicht die Einzige.

 


1530 gibt es Teatime, heute süsser Sahnequark mit Rosinen, sehr gut.

 

Gehe an Deck, wo die Decksarbeiten wieder aufgenommen wurden. Mittlerweile hat es mehr Wolken. Ein Kamerad ist am Steuer und unser Traineeofficer Grigori schickt mich noch dazu. Bin wieder rd. 1,5 Stunden da, wechsle auch noch an die Hauptposition und darf nun Befehl geben und das Riesenschiff versuchen auf Kurs zu halten. Wir haben aber auch etwas Zeit uns mit den beiden Kadetten am Ruder zu unterhalten. Wenn man mitarbeitet lernt man sich kennen und wird von der Crew auch akzteptiert.

 

Es wird immer dunkler, vor uns ist eine schwarze Wand, die steuerbord vorbei zieht. Wir lassen uns aber ablösen als ein kräftiger Schauer niedergeht da wir keine Regenkleidung tragen. Da alle Kameraden irgendwo im Schiff unterwegs sind nutze ich die Gelegenheit und gehe Duschen. Setze mich dann noch etwas in den Lenin bis es Essen gibt: Suppe, Stampfkartoffel und gebackener Fisch (Riesenportion) – dazu wieder den Trockenpflaumensaft.

 

Draussen ist das Wetter wieder besser, an Backbord sieht man die französische Küste. Setze mich in den Lenin, lade meine Bilder rüber und schreibe Tagebuch. Die Meisten gehen früh schlafen, sitze mit Horst bis 2230, dann ziehen wir uns auch zurück.