Sonntag, 23. 10. 2011 - Auf See


 

Habe herrlich geschlafen, die Lüftung läuft in der Kammer konstant, dieses Geräusch mit dem leisen Motorengeräusch und dem leichten Schaukeln wiegt einem in den Schlaf. Um 0800 ist Wecken in dem eine Durchsage auf Russisch kommt, die wir leider nicht verstehen. Ich vermute dass das Wetter angesagt wird. Um 0830 gibt es Frühstück, Tee oder Nescafe, Brot, Käse und Marmelade. Anschliessend gibt es gleich Segelalarm. Beim Segelalarm ertönt drei Mal die Alarmklingel, es erfolgt die Durchsage Parushni Awral – Parshuni Awral – Parushni Awral – Sailing Alarm, all hands on deck! Es wird aber nur gebrasst, d.h. die Rahen gedreht. Dann treffen wir Trainees uns im Lenin mit dem zweiten Offizier und Traineeofficer Grigori, der die Sicherheitseinweisung macht. Ausserdem werden wir in verschiedene Mastgruppen eingeteil, ich bin bei den hintersten Masten, Kreuzmast und Besan, die von der gleichen Gruppe betreut werden. Hier sind wir einem Bootsmann, der Mastchef ist unsterstellt. Den Rest des Morgens verbringen wir wieder an Deck, das Wetter ist herrlich blauer Himmel, ca. WS 7.

1130 Mittagessen, heute gibt es Hühnersuppe, Kraut-Tomate-Paprikasalat mit viel Dill (es wird viel mit Dill gekocht), etwas Reis und ein Scheibchen Kochfleisch. Dazu Aprikosensaft. Nach dem Mittagessen soll es Segelalarm geben. Ich gehe in die Kammer wo ich meine beiden Kolleginnen treffe, alle haben wir das gleiche Ziel – ein kleines Mittagsschläfchen! Wir stellen den Wecker und keine fünf Minuten später ist Ruhe.

 

Kurz vor 1300 sind wir wieder auf Deck und bald kommt auch Parushni Awral. Gesetzt werden die Stagsegel. Von uns helfen die ersten mit und auch ich greife mal mit an. Man braucht wirklich Kraft und schnell stürzt man. Es sind nur 74 Kadetten an Bord (statt 120) und auch hier merkt man dass sie noch nicht viel Erfahrung haben. Übrigens gibt es auch drei Kadetinnen, sie haben die Kammer neber uns.

 

 

 

Den Rest vom Nachmittag verbringen ich mit meinen Zimmergenossinen und zwei Herrn auf der Backkiste der Brücke, wo wir quatschen, in unseren Büchern lesen und uns von der Sonne bescheinen lasse. Wir haben WS 6-7, manchmal schaukelt es etwas, wir fahren genau auf die englische Küste zu und ein Besuch beim Navigationsoffiziert sagt uns dass wir gegen 1700 nach Süden in den Kanal drehen. Dann müssen die Segel wohl wieder runter. Im Moment fahren wir mit rund 9 Knoten. Das Schiff würde bei Wind von achtern alleine mit der riesigen Takelage 3 Knoten fahren.

 

1530 gibt es Teatime, Tee oder Nescafe, Pellkartoffeln, geräucherte Makrele, aber auch Brot und Marmelade. Die geräuchterte Makrele gibt es öfters und ist sehr lecker.

 

Ich ziehe mich dann etwas in die Kammer zurück zum Tagebuchschreiben und Fotos sichern. Irgendwann müssen wir mal sehen wann wir duschen – die Duschzeiten der Mädels fallen immer mit Frühstück ober Abendessen zusammen, so dass wir uns was einfallen lassen müssen, aber wir sind ja nur vier.

 

Pünktlich um 1700 kommt Parushni Awrall. Jetzt schon etwas sicherer stelle ich mit zwei Kameraden zu unserer Gruppe am Kreuzmast. Wir packen tapfer mit an, ziehen und holen das das Segel ein. Beim Einrollen gibt es aber grosse Probleme, so dass sogar der Mastchef hochklettert und versucht das Segel zu vertäuen. Die anderen Masten sind schon lange fertig als bei uns immer noch gebastelt wird. Wir haben jetzt auf südwestlich Richtung gedreht und steuern den Kanal an.

 

Mit meinen zwei Kammerkameradinnen ziehe ich mich nochmal etwas auf unser neues Lieblingsplätzchen zurück, der Backkiste auf der Brücke. Wir geniessen das schöne Wetter, später gehe ich auf ein Bierchen in den Lenin und unterhalte mich mit zwei Kameraden. 1930 ist die erste Gruppe und somit die Trainees zum Abendessen dran, es gibt Gemüsesuppe mit Kartoffeln und Pilzen, gestampfte Kartoffeln (ein Zwischending zwischen Brei und Salzkartoffeln) und Hackbraten, zum Trinken gibt es Apfelsaft. Den Rest des Abends verbringe ich mit einigen Kameraden im Lenin. Gegen 2200 beschliessen wir den Abend, auch heute halte ich mit Kapitän Horst noch ein Schwätzchen im Gang (später wird gelästert meine beiden Zimmerkameradinnen schlafen so gut ein weil sie hören Mama und Papa sind da ...) und beschliesse – da schon fast alles schläft – endlich mal zu duschen. 2300 mache ich das Licht aus, bin recht müde, schlafe aber nicht so gut wie die erste Nacht.